MVZ: Vom Freiberufler zum Unternehmer

Ärzte kaufen Medizintechnik zunehmend nach kaufmännischen Gesichtspunkten. Die neuen Versorgungsformen des medizinischen Gesundheitswesens wie Medizinische Versorgungszentren (MVZ) bringen zwar mehr Freiheiten, aber auch mehr wirtschaftliche Risiken und Verantwortung für die leitenden Ärzte. Dem Mediziner stellt sich unter anderem auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit größerer Investitionen. Antworten und Lösungen bietet das Internet.

  • Gordon Böhme
  • geschrieben am: 13.07.2011
  • Autor: Gordon Böhme (yellowmed)
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Albrecht Fehlig
Betreiber von mvz-kompetenz.de

yellowmed: Herr Fehlig, Sie betreiben das Internet-Portal „MVZ-Kompetenz“. Was sehen Sie als Ihre Aufgabe?

Fehlig: Wir bei MVZ-Kompetenz wollen in Zeiten der Unsicherheit und des Wandels informieren. In die Struktur der Versorgungsformen des deutschen Gesundheitswesens ist Bewegung gekommen. Während früher eine Zweiteilung zwischen der klinischen Behandlung im Krankenhaus und der ambulanten Behandlung beim niedergelassenen Arzt vorherrschte, ist die Versorgungslandschaft heute komplizierter. Heute sind die Voraussetzungen für Kooperationsformen geschaffen, die eine Zusammenarbeit von Ärzten miteinander, aber auch mit anderen medizinischen Leistungserbringern in vielfältiger Form ermöglichen. Bedeutendstes Ereignis war im Jahre 2004 die Schaffung der Voraussetzungen zur Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Die neuen Freiheiten werfen eine Reihe von Fragen auf, die nicht nur die vertragliche Situation der Kooperationspartner, sondern auch die Vertragssituation mit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anlangt. Letztendlich stellen sich dem Arzt jetzt auch wirtschaftliche Fragen in einer bisher nicht gekannten Größenordnung.

 

yellowmed: Wo sehen Sie hier die größten Herausforderungen?

Fehlig: Es ist davon auszugehen, dass sich im Bereich der ambulanten medizinischen Versorgung größere Einheiten bilden werden. Größer als die Arztpraxis des Einzelkämpfers. In einem MVZ zum Beispiel kooperieren nicht nur niedergelassene Ärzte. Es können zusätzlich auch weitere Ärzte angestellt werden, die dann naturgemäß keine unternehmerische Verantwortung tragen und auch nicht tragen wollen, wie man aus der rasant wachsenden Zahl von angestellten Ärzten in den MVZ sehen kann. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die unternehmerische Verantwortung der freiberuflichen Ärzte bei der Leitung eines MVZ steigt. Aus Freiberuflern werden de facto Unternehmer mit deutlich mehr Verantwortung für Investitionen und deren Wirtschaftlichkeit. Das lernen Ärzte im Medizinstudium nicht.

 

yellowmed: Wollen Sie bei MVZ-Kompetenz die Wirtschaftsberatung für Ärzte übernehmen?

Fehlig: Nein, das kann ein Internet-Portal nicht leisten. Dazu sind die neuen Kooperationsmöglichkeiten auch zu vielfältig. Diese Beratung muss individuell durch qualifizierte Dienstleister geschehen. Wir können aber eine Drehscheibe für Fragen und Antworten sein. Bei uns können sich Anbieter von Beratungsdienstleistungen, aber auch Lieferanten von Infrastruktur und Ausrüstung präsentieren. Wir sehen hier einen wachsenden Markt, denn die neuen Herausforderungen verlangen nach neuen Lösungen.

 

yellowmed: Und was heißt das für die Lieferanten von Medizintechnik?

Fehlig: Yellowmed gibt ja bereits erste Antworten auf die Fragen nach mehr Wirtschaftlichkeit von ambulanter Versorgung in größeren Einheiten. Die Transparenz des Marktes hinsichtlich Technik und Preis ist im Internet ein wesentlicher Faktor. Weitere Möglichkeiten beim Einkauf von Medizintechnik bietet die Wahl zwischen Gebraucht- und Neugeräten. So kann der leitende Arzt in einem MVZ genau festlegen, welche Ausrüstung er auf welchem Stand benötigt unter Berücksichtigung der Finanzierbarkeit. Die flexiblen Finanzierungsmöglichkeiten, zum Beispiel durch Leasing, verlangen weniger Investitionen. Yellowmed bietet hier ideale Möglichkeiten für unternehmerisch denkende Entscheider im Medizinsektor.

 

yellowmed: Wo wird Ihrer Meinung nach die Reise hingehen, was die Kooperation bei der ambulanten Versorgung angeht?

Fehlig: Wir gehen davon aus, dass einige der eingeführten Flexibilitäten wieder zurückgeschraubt werden. Der kürzlich vorgestellte Referentenentwurf zum neuen Versorgungsgesetz, das die schwarz-gelbe Koalition noch in diesem Jahr verabschieden will, beinhaltet Regelungen, die den Zugang zum Markt der MVZ für Kapitalgesellschaften und Finanzinvestoren einschränken. Nur noch Ärzte und Krankenhäuser sollen MVZ betreiben und leiten dürfen. Diese Intention wird auch durch die Einschränkung der möglichen Rechtsformen verfolgt. Dadurch soll die ärztliche Entscheidungsfreiheit und Unabhängigkeit vor allem im therapeutischen Bereich erhalten werden. Deshalb lösen sich aber die wirtschaftlichen Anforderungen nicht in Luft auf. Die Abwägung zwischen therapeutischen Anforderungen und den Zwängen der Wirtschaftlichkeit wird dem Arzt aufgetragen. Dabei braucht er Unterstützung und wird im Internet suchen. Da stehen wir bereit.