Innovative Bildgebung gegen Speiseröhrenkrebs

Eine tablettengroße Kapsel liefert schnell genaue Bilder des Gewebes im Inneren der Speiseröhre (Ösophagus ) und könnte die traditionelle Endoskopie bei der Früherkennung des Barrett-Ösophagus-Syndroms, einer Vorstufe von Speiseröhrenkrebs, ersetzen.

  • Marianne Heukenkamp
  • geschrieben am: 17.01.2013
  • Autor: M. Heukenkamp
  • gelesen: 4270 mal

Die etwa einen Zoll lange Kapsel
umschließt einen rotierenden
Infrarot-Laser und Sensoren, die das
reflektierte Licht auffangen.
© Michalina Gora, Ph.D., and Kevin Gallagher
Wellman Center for Photomedicine,
Massachusetts General Hospital

Der Endoskopie überlegen

Forscher vom Wellman Center für Photomedicine am Massachusetts General Hospital (MGH) in Boston (USA) haben ein Bildgebungssystem entwickelt, das in eine Kapsel von der Größe einer Vitamintablette passt und das, wenn die Kapsel einmal vom Patienten verschluckt wurde, detaillierte Bilder vom Zustand der Innenwände der Speiseröhre an den Arzt liefert. Auf diese Weise können ein Speiseröhrenkrebs oder präkanzerogene Veränderungen wie das Barrett-Ösophagus-Syndrom frühzeitig erkannt werden. Das Verfahren weise gegenüber der normalen Endoskopie verschiedene Vorteile auf, sagt der Entwickler Gary Tearney vom Wellman Center: Dieses System stellt uns eine bequeme Methode für die  Früherkennung des Barret-Syndroms zu Verfügung, bei dem der Patient nicht sediert werden muss und weder eine spezielle Endoskopieausrüstung noch ein entsprechender Endoskopie-Facharzt notwendig sind. Es liefert dreidimensionale und mikroskopisch genaue Bilder des Gewebes an den Innenwänden der Speiseröhre und macht dabei viel mehr Details sichtbar, als es die hochauflösende Endoskopie kann.

Eigens entwickeltes OFDI-Bildgebungssystem

Die Untersuchungskapsel umschließt das speziell entwickelte ODFI- Bildgebungssystem (OFDI = optical frequency domain imaging ). OFDI besteht aus einem rotierenden Laser, der einen Strahl von Nah-Infrarotem Licht (NIR) aussendet, das von den Wänden der Speiseröhre reflektiert und von den gleichfalls in der Kapsel vorhandenen Sensoren aufgezeichnet wird. Die Kapsel hängt an einer Leine, über die der untersuchende Arzt das System steuern und, wenn die Kapsel den Magen erreicht, es wieder hochziehen kann.  Beim Heruntergleiten und beim Hochziehen der kleinen Bildgebungseinheit werden kontinuierlich Bilder aufgenommen – die gesamte Speisröhre kann in weniger als einer Minute komplett dargestellt werden. Eine normale Endoskopie hingegen dauert etwa 90 Minuten.

Die besten Bilder aus der Speiseröhre

Die Wissenschaftler testeten das System an 13 Patienten, von denen sechs unter dem Barret-Syndrom litten und sieben gesund waren. Sie waren zuvor per Endoskopie untersucht worden und gaben an, das neue Verfahren zu bevorzugen.

Die von OFDI gelieferten Bilder waren so genau, dass sich die für das Barret-Syndrom typischen Epithel-Veränderungen klar unterscheiden ließen. Gary Tearney: „Die Bilder sind die besten, die wir jemals aus dem Inneren der Speiseröhre gesehen haben. Wir waren ursprünglich besorgt, dass wir aufgrund der Kleinheit der Kapsel viele Bereiche der Speiseröhre nicht zu Gesicht bekommen würden. Aber wir waren erstaunt, dass die Speiseröhre, wenn die Kapsel einmal verschluckt ist, danach ‚greift’ und ein vollständiges genaues Darstellen der gesamten Innenwand erlaubt. Andere Methoden, die wir auch probiert haben, komprimieren das Gewebe und machen es schwierig, akkurate, dreidimensionale Bilder zu erhalten. Darüber hinaus liefert die Kapsel zusätzliche diagnostische Informationen, indem sie die Gewebsstrukturen so detailreich darstellt.